Vorsorge- und Schutzmasznahmen

Gebäudebezogene Bemessungsgrundlagen – Gebäudestandsicherheit

Maßgebliche Hochwassereinwirkungen

Auftrieb, Wasserdruck, Strömungsdruck, Erosion und Feinteilausspülung sind maßgeblich für die Gebäudestandsicherheit.
Auftriebskräfte und Wasserdruck entstehen, wenn das Grundwasser über das Niveau der Gründungssohle steigt. Die Auftriebskraft hängt von der Höhe des Wasserstandes und von dem durch das Gebäude verdrängten Wasservolumen ab. Es kommt zum Aufschwimmen des Gebäudes, wenn die Auftriebskraft größer als die Summe aller Gebäudelasten wird, was im Extremfall zum Einsturz führen kann. Durch den Wasserdruck werden die Gründungssohle und die Seitenwände beansprucht, welche im ungünstigsten Fall einbrechen können.
Kleinere Objekte können durch den durch fließendes Wasser erzeugten Strömungsdruck mitgerissen werden.
Bodenerosionen, die Fundamente unterspülen und damit das Gebäude zerstören können, entstehen dadurch, daß in Hochwasserabflußgebieten die für die jeweiligen Boden- und Geländeverhältnisse zulässigen Grenzwerte der Fließgeschwindigkeit und Schleppspannung überschritten werden.
Durch Austrag von Bodenteilchen aus dem Bodengefüge können Hohlräume im Baugrund entstehen, wodurch Setzungen eintreten können, die zu Schäden am Gebäude führen können.

 

Mögliche Gegenmaßnahmen

Wasserdruck, Strömungsdruck

Die Dimensionierung der Bauwerkswände und Sohlen hat gemäß dem zu erwartenden Wasserdruck nach statischem Erfordernis zu erfolgen (im Regelfall Ausführung in Stahlbeton).

Auftrieb

Es bestehen drei Möglichkeiten zur Auftriebssicherung eines Gebäudes:
- Ausreichende Gebäudelasten
Bei der Bemessung muß die Summe aller Gebäudelasten mindestens 10% größer sein als die Auftriebskraft.


- Flutung

Bei dieser Methode werden die von außen auf das Gebäude wirkenden Drücke deutlich vermindert, indem im Gebäudeinneren durch Flutung ein Gegendruck aufgebaut wird.

- Sondermaßnahmen

Wenn die beiden ersten Möglichkeiten nicht anwendbar sind, müssen besondere Sicherungsmaßnahmen, die in der Regel aufwendig und auf Sonderfälle beschränkt sind, angewandt werden:

·Beschwerung mit Schwergewichtsbeton (dicke Stahlplatte)

·Erdüberdeckung unterirdischer Gebäudeteile oder Lagerbehälter

·Vertikale Rückverankerung des Gebäudes oder der Sohle im Baugrund durch ausreichend bemessene Anker oder Pfähle

·Wasserhaltung (mit der zuständigen Wasserrechtsbehörde abzustimmen)

Abbildung4: SICHERUNG GEGEN AUFTRIEB DURCH AUSREICHENDE GEBÄUDELAST ODER FLUTUNG

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Die Kraft des Wassers – Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser, S. 13

Erosion, Unterspülung

Erhebliche Uferanrisse können während des Ablaufes von Hochwasserereignissen auftreten. Durch folgende Maßnahmen kann eine Unterspülung von Anlagen und Gebäuden vermieden werden:
·Wahl entsprechend bemessener Fundamenttiefen
·Bzw. Sicherung des Fundaments durch Spundwände, oder Wasserbausteine eventuell in Verbindung mit Vliesen.
Die Fundamentunterkante muß mindestens unter die zu erwartende Erosionsbasis geführt werden.

Verhinderung bzw. Verminderung des Wassereintrittes in Gebäude

Wege des Wassereintrittes in Gebäude

Eindringendes Wasser führt im allgemeinen zu nachhaltigen Schäden am Gebäude (z.B.: Türen, Putz, Tapeten, Bodenbeläge) und an der Inneneinrichtung.
Deshalb sollte die Wassereindringung in das Gebäude verhindert oder zumindest begrenzt werden.
Abbildung5: MÖGLICHE WEGE DES WASSEREINTRITTES IN GEBÄUDE
 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Die Kraft des Wassers – Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser, S. 15


 
 

Allgemeine planerische Maßnahmen

Die wirksamste und einfachste planerische Maßnahme ist, außerhalb des Einwirkungsbereiches des Hochwassers zu bauen. Hierfür bestehen folgende Möglichkeiten:
·Bauen außerhalb hochwassergefährdeter Gebiete
·Bauen in erhöhter Lage
·Verzicht auf Kellergeschosse
·Gründung des Gebäudes auf Stützen
Besteht nicht die Möglichkeit, eine dieser vier Arten anzuwenden, müssen weitergehende Maßnahmen getroffen werden, wie sie nachstehend getrennt nach der Art des Wassereintrittes beschrieben werden.

Grundwasser

Im Hochwasserfall kann es bei gutwasserdurchlässigen Bodenarten (z.B. Sande, Kiese) im Hochwasserfall zu einem kurzfristigen Ansteigen des Grundwasserspiegels kommen. Gewässernah kann vereinfacht angenommen werden, daß der Hochwasserstand gleich dem Grundwasserstand ist. Unabhängig von Gewässerüberflutungen kann es auch zu Grundwasserhochständen infolge außergewöhnlicher Witterungseinflüsse kommen.
Wegen des Wasserdruckes infolge eines Anstieges über die Gründungssohle kommt es zu Beanspruchungen der Bauwerkssohle und –wände.
Aus diesem Grund sind Dichtungsmaßnahmen nach folgenden Anforderungen vorzusehen:
·Anordnung der Abdichtung auf der dem Wasser zugekehrten Gebäudewand (geschlossene Wanne, allseitiges Umschließen des Bauwerkes)
·Abdichtung gegen aufsteigende Nässe bei wasserdurchlässigen nichtbindigen Böden über den höchsten Grundwasserstand bzw. Bemesssungshochwasser-stand führen
·Kein Verlust der Schutzwirkung der Abdichtung bei zu erwartenden Bauwerksverformungen (Schwinden, Setzungen)

Grundtypen der Bauwerksabdichtung:

·„Schwarze Wanne“: allseitige Umschließung der betroffenen Gebäudebereiche durch Bitumen- oder Kunststoffbahnen, meistens Außendichtung

·„Weiße Wanne“: Ausbildung der Außenwände und Bodenplatte als geschlossenen Wanne aus wasserundurchlässigem Beton



Abbildung6: ABDICHTUNGGEGEN DRÜCKEN DES WASSERS; AUSFÜHRUNGSBEISPIELE UND HINWEISE

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Kanalisationswasser (Rückstau)

Bei Hochwasser kann durch Überlastung der Kanäle der Wasserspiegel im Kanalnetz ansteigen. Dies kann sich durch Abflußleitungen und Hausanschlüsse gegebenenfalls bis ins Gebäudeinnere fortsetzen.

Bei fehlenden Sicherheitseinrichtungen kann der Wasserspiegel im Leitungsnetz des Gebäudes bis zur Höhe des Wasserspiegels im Kanalnetz (Rückstauebene) ansteigen. Dadurch kann es unter anderem zu Wasseraustritten aus den Sanitäranlagen kommen. Der Hochwasserstand ist in Überschwemmungsgebieten für einen eventuellen Rückstau in die Kanalisation entscheidend.

Deshalb sollten in jedem Haus Rückstausicherungen (Rückstauklappen) bzw. Abwasserhebeanlagen vorgesehen werden. Im kommunalen Bereich können Absperreinrichtungen (Schieber) oder Überlaufsicherungen in Form von Druckdeckeln oder Stahlzylindern zweckmäßig sein.

Abbildung7: HAUSENTWÄSSERUNG MIT SCHUTZ VOR RÜCKSTAU AUS DEM KANALNETZ

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Die Kraft des Wassers – Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser, S. 17

Oberflächenwasser

Gegen eindringendes Oberflächenwasser kann auf zweierlei Weise Vorsorge getroffen werden:
-Wassersperren im Außenbereich zur Verhinderung des Wasserzutrittes zum Gebäude (Grundwasser ist zu berücksichtigen)
Eine Sicherungsmaßnahme wäre ein umlaufendes Hochwasserschutzbauwerk. Dazu können stationäre, teilmobile bzw. mobile Hochwasserschutzwände eingesetzt werden.
Klassische stationäre Maßnahmen wären Erdwälle oder Mauern. Es genügen auch gegebenenfalls kleine Dämme aus Sandsäcken (Vorhaltung).
(Teil)mobile Systeme sind Dammbalken- oder Dammtafelsysteme in Kombination mit ortsfesten Halterungskonstruktionen (z.B. eingelassene Fundamente, Stützen, Führungsschienen).


Abbildung 8: ERDWÄLLE, DÄMME UND VERHINDERUNG DES WASSERÜBERLAUFES AUS DEM KANALNETZ IM HOCHWASSERGESCHÜTZTEN BEREICH

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Die Kraft des Wassers – Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser, S. 18

-Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen unmittelbar am Gebäude

Diese Maßnahmen sind generell einfacher und kostengünstiger zu realisieren als Maßnahmen im Außenbereich. Ausreichende Standsicherheit, Wasserbeständigkeit und Wasserdichtheit der Außenwände bilden die Voraussetzungen.

Abgedichtet wird mittels Sperrspitz (z.B. Zementputz), Steinzeugfliesen oder Kunststoffmaterialien sowie durch wasserdichte Fugenausbildung.

Die Unterschiede der Techniken, die zum Verschluß der Gebäudeöffnungen verwendet werden, bestehen in den beherrschbaren Wasserdrücken, den erforderlichen Installationen und in den zu lagernden Materialien.

·Sandsäcke: bei geringen Wasserständen (einige Dezimeter), Materialien möglichst am oder im zu schützenden Objekt lagern, auch geeignet zum Schutz vor unvorhersehbaren Gefahren, da keine fixen Einbauten erforderlich

·Dammbalkensysteme: Voraussetzung ausreichende Standsicherheit des Gebäudes, Schutz vor höheren Überflutungen (m-Bereich), setzt fixe Installationen (z.B. Befestigungsschienen) und Lagerung der Dammbalken voraus

·Paßgenau zugeschnittene Einsatzstücke für Tür- und Fensteröffnungen mit Profildichtungen: ähnlicher Schutzgrad wie Dammbalkenverschlüsse

·Wasserdichte Fenster und Türen: Vorteil schnelle und unproblematische Handhabung, keine nur im Hochwasserfall einzusetzenden Bauteile zu lagern
 
 

Abbildung9: "MOBILE WAND", SANDSÄCKE, DAMMBALKEN

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Die Kraft des Wassers – Richtiger Gebäudeschutz vor Hoch- und Grundwasser, S. 19
Faktoren bei der Wahl der anzuwendenden Abdichtungs- und Schutzmaßnahme am Gebäude:

¨Abzuwehrender Hochwasserstand

¨Aufwand zur vorbereitenden Installation, Lagerung von Bauelementen

¨Handhabung im Einzelfall

In Betracht zu ziehen ist neben der Vorwarnzeit im Katastrophenfall auch der erforderliche Arbeitseinsatz sowie die Verfügbarkeit von Hilfskräften. Mit organisatorischen Maßnahmen ist für Zeiten, in denen die Bewohner eines Hauses abwesend sind, Vorsorge zu treffen.


 

Schutz des Gebäudeausbaues

Wasserbeständige Baustoffe:

Wenn im Hochwasserfall die Gefahr besteht, daß Wasser ins Gebäude eindringt, sollten wasserbeständige bzw. –unempfindliche und möglichst hohlraumarme Baustoffe verwendet werden. Baustoffe auf Kalkbasis, aus Bitumen, aus Metall sowie gebrannte Baustoffe sind größtenteils gut geeignet, da sie nicht oder nur gering wasserempfindlich sind. Ungeeignet, da stark wasserempfindlich, sind Baustoffe auf Gipsbasis oder aus Holz. Es sollte darauf geachtet werden, daß stark wasseraufnahmefähige Materialien vermieden werden. Bei der Wahl der Materialien sollte im Hinblick auf den Reinigungs- und Reparaturaufwand auf Erneuerbarkeit bzw. Wiederherstellbarkeit nach Überschwemmungen Bedacht genommen werden.
Wasserdampfsperren und saugende Materialien sollten keine Verwendung finden. Der Vorzug ist wasserabweisenden und wasserdampfdurchlässigen Materialien zu geben, da sie die Austrocknung des Mauerwerkes begünstigen und die Gefahr der Schimmelbildung verringern.

Hochwassersichere Installationen und Heizungsanlagen

In hochwassergefährdeten Gebieten sollen Heizungsanlagen sowie wichtige elektrische Installationen nur in den Obergeschossen hochwassersicher installiert werden. Die betreffenden Stromkreisläufe müssen getrennt abschaltbar bzw. gesichert sein. Grundsätzlich sollten in hochwassergefährdeten Gebieten keine Ölheizungsanlagen installiert werden, da auslaufendes Öl zu nachhaltigen Beschädigungen des Gebäudes bzw. der Inneneinrichtung oder zu erheblichen Verunreinigungen ober- und unterirdischer Gewässer führen kann. Falls eine Umstellung auf andere Energieträger nicht möglich ist, muß der Tank entsprechend gegen Aufschwimmen bzw. eindringendes Wasser gesichert werden.

Schutz der Inneneinrichtung

Generell sollten höherwertige Nutzungen aufgrund zu erwartender Beschädigungen nur in hochwasserfreien Geschossen erfolgen. In hochwassergefährdeten Gebäudebereichen sollen nur wasserunempfindliche, ausreichend mobile Einrichtungsgegenstände Verwendung finden.
Im Zuge der Planung sollten entsprechend dimensionierte Tore und Stiegenhäuser berücksichtigt werden. Zu vermeiden sind weiters sperrige oder fest installierte Einrichtungsgegenstände (Einbaukästen, Saunen oder ähnliches), da sie infolge ihrer Unbeweglichkeit erheblich beschädigt werden könnten.

Zusätzliche Vorsorge- und Schutzmaßnahmen

Neben diesen planerischen Maßnahmen sollten in überschwemmungsgefährdeten Gebieten noch zusätzliche Vorsorge- und Schutzmaßnahmen getroffen werden.
So sollte eine persönliche Schutzausrüstung und ein Vorrat an Lebensmitteln angelegt werden. Eine Schutzausrüstung sollte jedenfalls je nach Gefährdungsgrad stromunabhängige Heiz-, Koch- und Beleuchtungseinrichtungen, Nottoiletten, einen batteriebetriebenen Rundfunkempfänger, ein Handy, Notrationen, Trinkwasser, Hausapotheke, Schutzkleidung, Schwimmwesten und kleine Boote beinhalten.
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